Gastvortrag von Prof. Wolfgang Mieder (University of Vermont, Burlington)

Herr Prof. Wolfgang Mieder (University of Vermont, Burlington)
hält einen Vortrag über "Mein Mundwerk - ist des Volks". Zur sprichwörtlichen Sprache von Friedrich Nietzsches "Also sprach Zarathustra" Wider Erwarten erweist sich Friedrich Nietzsche (1844-1900) in seinem schriftstellerisch-philosophischen Gesamtwerk als recht verbunden mit der Volkssprache. Selbst sein als Hauptwerk betrachtetes Werk Also sprach Zarathustra (1883-1885) ist reich an sprichwörtlicher und redensartlicher Sprache. Sein aphoristischer, esoterischer und poetischer Sprachstil ist geprägt von Bibel- und Volkssprichwörtern und anderen Phraseologismen, die in meist abgewandelter Form dazu beitragen, Nietzsches Konzept der Umwertung aller Werte metaphorisch zum Ausdruck zu bringen. Sprichwörter, Antisprichwörter und Pseudosprichwörter erweisen sich als ausdrucksstarke Formulierungen, die Nietzsches dichterische Sprache umgangssprachlich unterstreichen. Die innovativ variierten Sprichwörter untermauern Nietzsches Bruch mit Gott, dem Christentum und tradierten Moralvorstellungen. Befreite Menschen brauchen kein sprichwörtliches Regelsystem und rennen laut Nietzsche auch nicht offene Türen ein. Zarathustras höhere Menschen behaupten selbstsicher und antiredensartlich “wir gehen offen mit einander durch offene Türen”. So zeigen sich die vielen vorgeprägten Formulierungen im Zarathustra keineswegs nur als bildhaftes Sprachmittel sondern als aufschlussreiche Schlüsselaussagen zur befreienden Botschaft dieses so anspruchsvollen Werkes eines der bedeutendsten Denkers und Stilisten deutscher Sprache. Die mannigfaltige Verwendung von Sprichwörtern und Redensarten trägt also zweifelsohne zu einem Verständnis des so schwer zugänglichen Zarathustra bei. Zeit: Montag, 15. Juli 2013, 15.00 Uhr
Ort: Vortragssaal des IDS