„Im März diesen oder dieses Jahres?“

Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache zum Thema „Grammatische Variation“

8.-10. März 2016, Congress Center Rosengarten Mannheim Viele Sprecherinnen und Sprecher sind der Auffassung, bei der Grammatik einer Sprache handele es sich um ein festgefügtes System von Regeln und Vorschriften, das eindeutige Zuordnungen in beispielsweise „richtiges“ oder „falsches“ Deutsch zulässt. Daraus erklärt sich das Unbehagen der Sprecherinnen und Sprecher, wenn sie in Situationen geraten, in denen sie sich ihrer Grammatik nicht mehr sicher sind: Findet die Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache im März diesen Jahres oder im März dieses Jahres statt? Muss es des Verstandes heißen oder des Verstands? Nehmen wir mit großem spürbaren Unwillen oder mit großem spürbarem Unwillen an einer Prüfung teil? Wie drücke ich meine Überraschung darüber aus, dass meine beste Freundin mit meinem besten Freund ins Kino geht? Durch die Frage Du und Peter gehen ins Kino? oder durch Du und Peter geht ins Kino? Die sprachliche Unsicherheit bei diesen Beispielen weist auf keine grammatischen Schwächen des Sprechers/der Sprecherin hin, sondern zeigt ein wesentliches Charakteristikum natürlicher Sprachen auf. Sie stellen keine für die Ewigkeit festgefügten Gebilde dar, sondern sind dynamische Systeme, die stetigem Wandel unterliegen: Grammatische Variation ist der Sprache inhärent und auch aus dem Standarddeutschen nicht wegzudenken (nicht umsonst gibt es Nachschlagewerke und selbsternannte Sprachpfleger, die sich ausschließlich mit Zweifelsfällen der deutschen Sprache auseinandersetzen). Ein und dieselbe Bedeutung oder Funktion kann mit unterschiedlichen grammatischen Mitteln realisiert werden; umgekehrt gilt, dass eine sprachliche Form oder Struktur auch unterschiedliche Funktionen ausüben kann (so kann Kannst du mir das Salz reichen? als Frage oder Aufforderung verstanden werden). Variation kann zum einen wie in den oben genannten Beispielen grammatikintern bedingt sein, indem die Grammatik eines Individuums in einem Kontext anscheinend verschiedene Varianten zulässt. Darüber hinaus können die Varianten durch außersprachliche Faktoren bedingt sein wie Alter der Sprecherin/des Sprechers (Junge als Anredeform unter Mädchen), Region/dialektaler Hintergrund (standarddeutsch parken vs. schweizerdeutsch parkieren), Register (hochsprachlich das Buch, das ich mir ausgeliehen habe vs. umgangssprachlich das Buch, was ich mir ausgeliehen habe), Medium (schriftlich Hast du verschlafen? vs. mündlich Hasde verschlafen?) und Einflussgrößen wie Textsorte/Genre (Zeitungsartikel vs. persönlicher Brief vs. SMS). Im Rahmen der Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache soll das Phänomen grammatischer Variation aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie verschiedene Formen der grammatischen Variation im Deutschen mit Methoden der modernen Linguistik erfasst, analysiert und theoretisch modelliert bzw. erklärt werden können. Das vollständige Tagungsprogramm findet sich unter: http://www.ids-mannheim.de/org/tagungen/program2016 Zu der Tagung werden wieder über 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus rund 25 Ländern erwartet. Das Institut für Deutsche Sprache (IDS) ist die zentrale außeruniversitäre Einrichtung zur Erforschung und Dokumentation der deutschen Sprache in ihrem gegenwärtigen Gebrauch und in ihrer neueren Geschichte. Es gehört zu den 89 Forschungs- und Serviceeinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft. Näheres unter <www.ids-mannheim.de>, <www.facebook.com/ids.mannheim> und <www.leibniz-gemeinschaft.de> Diese Pressemitteilung im PDF-Format.